Wie Musik Menschen prägt – von der Geburt bis ins hohe Alter
Jugendliche (10–18 Jahre)
Musik als Lebensanker im Aufbruch
Wenn die Kindheit endet und die Jugend beginnt, wird die Welt komplex. Das Gehirn durchläuft einen tiefgreifenden Umbau. Neue Verbindungen entstehen, alte werden gelöscht. Der präfrontale Cortex, der für Planung, Entscheidungsfähigkeit und Impulskontrolle zuständig ist, entwickelt sich nur langsam. Gleichzeitig ist das emotionale Zentrum häufig überaktiv. In dieser turbulenten Phase bietet Musik Halt, Ausdrucksmöglichkeiten und eine emotionale Heimat.
Jugendliche, die ein Instrument spielen, lernen, mit Frustration umzugehen, Geduld zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen. Sie erleben das erfüllende Gefühl, durch eigenen Einsatz etwas zu erschaffen. Musik aktiviert genau jene Hirnregionen, die in der Pubertät besonders sensibel reagieren. Dazu gehören das Belohnungssystem, das soziale Gehirn und die Bereiche, die Emotionen verarbeiten. Musik wird in dieser Zeit zum Ventil, zum Spiegel und zur Brücke zwischen Innen- und Außenwelt.
Auch Gedächtnis und Feinmotorik profitieren weiter. Das Nervensystem lernt, feine Unterschiede wahrzunehmen: zum Beispiel zwischen schnell und langsam, laut und leise, dissonant und harmonisch. Diese Fähigkeit zur Differenzierung ist nicht nur für die Musik bedeutend, sondern unterstützt auch das Lösen komplexer Aufgaben, das Erkennen sozialer Signale und das Verständnis von Gefühlen.
Fehlt Musik in der Jugend, geht ein starkes Ausdrucksmittel verloren. Viele junge Menschen erleben sich dann eher als passive Konsumenten als als aktive Gestalter. Dabei könnte Musik ihnen zeigen: Ich kann etwas. Ich bin etwas wert. Ein Instrument zu spielen ist mehr als nur ein Hobby. Es ist ein Weg, sich selbst besser kennenzulernen und sich in einer oft chaotischen Welt zu verorten.